Grundpflege[zurück]
Der Begriff Grundpflege bezieht sich hier auf einen Leistungskomplex der Pflegeversicherung.
Damit ist die Gesamtheit aller körperbezogenen Tätigkeiten wie Körperpflege, Ernährung, Mobilität und prophylaktische Maßnahmen, also Pflegeleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XI gemeint.
Bitte beachten Sie: In der häuslichen Krankenpflege nach SGB V gibt es ebenfalls Leistungen, die als Grundpflege bezeichnet werden.
1. Körperpflege
Die Hautpflege (einschließlich Gesichtspflege) ist Bestandteil der Körperpflege und zählt somit zur Grundpflege. Das Schminken wird nicht als Gesichtspflege gewertet. Zur Körperpflege zählt auch das Haarewaschen. Es ist Bestandteil des Waschens, Duschens oder Badens. Alleiniges Haarewaschen wird der Verrichtung "Waschen" zugeordnet. Ein ein- bis zweimaliges Haarewaschen pro Woche entspricht dem heutigen Hygienestandard.
Maßgebend ist die medizinische bzw. pflegerische Notwendigkeit.
Der Hilfebedarf beim Haarewaschen umfasst auch die Haartrocknung.
- Waschen
Das Waschen umfasst das Waschen des ganzen Körpers, aber auch von Teilbereichen des Körpers, hauptsächlich am Waschbecken bzw. im Bett mit einer Waschschüssel. Es gehören u. a. zum Waschvorgang: die Vor- und Nachbereitung sowie das Waschen des ganzen Körpers bzw. einzelner Körperteile und das Abtrocknen.
-> Pflegestufen-Tipp: Wenn im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Waschen, Duschen oder Baden z. B. eine tracheale Sekretabsaugung notwendig ist, handelt es sich um eine verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese muss zusätzlich zu dem bestehenden Hilfebedarf berücksichtigt und als Erschwernisfaktor gesondert gewertet werden.
- Duschen
Das Duschen des Körpers umfasst eine Ganzkörperwäsche unter der Dusche, wobei die Vor- und Nachbereitung, die Ganzkörperwäsche selbst und das Abtrocknen des ganzen Körpers insgesamt zu dieser Verrichtung gehören.
- Baden
Das Baden umfasst eine Ganzkörperwäsche in einer Badewanne, wobei der Pflegebedürftige entweder sitzen oder liegen kann. Zum eigentlichen Waschvorgang gehören sowohl die Vor- und Nachbereitung, das Waschen des ganzen Körpers selbst sowie das Abtrocknen des Körpers.
-> Pflegestufen-Tipp: Wenn in zeitlichen und sachlichen Zusammenhang z. B. aufgrund einer Hauterkrankung nach Durchführung der Verrichtung das Einreiben mit Dermatika notwendig ist, handelt es sich um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese muss zusätzlich zum bestehenden Hilfebedarf berücksichtigt werden.
- Zahnpflege
Die Zahnpflege umfasst sowohl die Vorbereitung wie z. B. Zahnpasta-auf-die-Bürste-Geben und/oder das Aufschrauben von Behältnissen (Zahnpaste/Mundwasser) als auch den eigentlichen Putzvorgang und die Nachbereitung, aber auch die Reinigung von Zahnersatz und die Mundpflege, d. h. das Spülen der Mundhöhle mit Mundwasser und die mechanische Reinigung der Mundhöhle.
- Kämmen
Dies umfasst das Kämmen oder Bürsten der Haare entsprechend der individuellen Frisur. Das Legen von Frisuren (z. B. Dauerwellen) oder das Haareschneiden gehören nicht zur Grundpflege! Wird allerdings ein Toupet oder eine Perücke getragen, gehört das Kämmen oder Aufsetzen dieses Haarteils zum Hilfebedarf.
- Rasieren
Das Rasieren (auch eines Damenbartes) beinhaltet wahlweise die Trocken- oder Nassrasur und deren sichere Durchführung.
Darm- und Blasenentleerung
Hierzu gehören die Kontrolle des Wasserlassens und Stuhlganges, Reinigung und Versorgung von künstlich geschaffenen Ausgängen (Urostoma, Anus praeter). Die notwendigen Handgriffe bei diesem Hygienevorgang, das Richten der Kleidung vor und nach der Benutzung der Toilette, die Intimhygiene wie das Säubern nach dem Wasserlassen und dem Stuhlgang gehören dazu, ebenso das Entleeren und Säubern eines Toilettenstuhls bzw. eines Steckbeckens oder das Entleeren/Wechseln eines Urinbeutels. Ebenfalls das An-, Ablegen und Wechseln von Inkontinenzprodukten und Fehlhandlungen des zu Pflegenden, z. B. Verunreinigungen mit Exkrementen (Kotschmieren).
In diesem Fall kann auch ein zusätzlicher grundpflegerischer Hilfebedarf beim Waschen und Kleiden anfallen.
-> Pflegestufen-Tipp: Darüber hinausgehender Säuberungsbedarf des Umfeldes (z. B. Boden, Wände, Wechseln der Bettwäsche) muss der hauswirtschaftlichen Versorgung zugeordnet werden.
Wenn im unmittelbaren Zusammenhang bei der Darm- und Blasenentleerung z. B. die Verabreichung eines Klistiers, eines Einlaufs oder die Einmalkatheterisierung notwendig ist, handelt es sich um eine verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese ist zusätzlich zum bestehenden Hilfebedarf zu berücksichtigen und als Erschwernisfaktor gesondert zu berücksichtigen.
2. Ernährung
- Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung
Zur "mundgerechten" Zubereitung der Nahrung gehört allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme, z. B. das Zerkleinern in mundgerechte Bissen, das Heraustrennen von Knochen und Gräten, das Einweichen harter Nahrung bei Kau- und Schluckbeschwerden und das Einfüllen von Getränken in Trinkgefäße.
-> Pflegestufen-Tipp: Es gelten nur solche Maßnahmen, die dazu dienen, die bereits zubereitete Nahrung so aufzubereiten, dass eine abschließende Aufnahme durch den Pflegebedürftigen erfolgen kann. Hierzu zählen nicht das Kochen oder das Eindecken des Tisches.
Die regelmäßige Insulingabe, die Blutzuckermessungen sowie grundsätzlich auch die Gabe von Medikamenten sind keine verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen, da sie aus medizinisch-pflegerischen Gründen nicht objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dieser Verrichtung vorgenommen werden müssen.
Aufnahme der Nahrung
Dazu gehören die Nahrungsaufnahme in jeder Form (fest, breiig, flüssig) wie auch die Verabreichung von Sondennahrung mittels Ernährungssonde einschließlich der Pflege der Sonde und die Verwendung von Besteck oder anderer geeigneter Geräte (z. B. behindertengerechtes Geschirr oder Essbesteck), um Nahrung zum Mund zu führen. Notwendige Aufforderungen zur vollständigen Aufnahme der Nahrung in fester, breiiger und flüssiger Form (Essen und Trinken)gehören ebenfalls dazu, wenn der Pflegebedürftige aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist (z. B. bei mukoviszidosekranken Kindern abhängig vom Lebensalter oder bei geronto-psychiatrisch veränderten Menschen).
-> Pflegestufen-Tipp: Wenn im Zusammenhang mit der Aufnahme der Nahrung z. B. das Wechseln der Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei einem Tracheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens oder vor oder während dieser Verrichtung eine oro/tracheale Sekretabsaugung notwendig ist, handelt es sich um eine verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese muss als Pflegeerschwernis gesondert ausgewiesen werden.
3. Mobilität
- Selbständiges Aufstehen und Zubettgehen
Dies umfasst neben der Mobilität auch die eigenständige Entscheidung im Zusammenhang mit Wachen, Ruhen und Schlafen zeitgerecht das Bett aufzusuchen bzw. zu verlassen. Demgegenüber ist ein Verlassen des Bettes z. B. zum Aufsuchen der Toilette/Toilettenstuhl unter der Verrichtung "Stehen" (im Sinne von Transfer) als Pflegemaßnahme zu sehen.
Das Zu-Bett-Gehen stellt einen körperlichen Bewegungsvorgang dar, der den Zweck hat, in ein Bett hineinzugelangen, und der mit der Einnahme einer liegenden (zum Ruhen oder Schlafen geeigneten) Position im Bett endet. Alle notwendigen Hilfestellungen, die der Durchführung dieses körperlichen Bewegungsvorganges dienen, sind als Hilfebedarf zu sehen. Die Häufigkeit richtet sich nach den individuellen Ruhe- und Schlafbedürfnissen.
-> Pflegestufen-Tipp: Ein Hilfebedarf wird nicht berücksichtigt, wenn der Pflegebedürftige im Bett liegt, aber wach ist und die Pflegeperson auf Rufen, Weinen oder Jammern ans Bett tritt, um den Pflegebedürftigen zu beruhigen, und sie so lange bei ihm bleibt, bis er wieder eingeschlafen ist.
Wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aufstehen und Zu-Bett-Gehen z. B. Maßnahmen zur Sekretelimination bei Mukoviszidose oder Erkrankungen mit vergleichbarem Hilfebedarf notwendig sind, handelt es sich um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese muss als Erschwernisfaktor gesondert ausgewiesen werden.
- Umlagern
Der durch das Umlagern tagsüber und/oder nachts anfallende Pflegeaufwand nach Häufigkeit und Zeit wird als grundpflegerische Maßnahme angesehen, obwohl das Umlagern keine eigene Verrichtung nach § 14 Abs. 4 SGB XI ist.
- An- und Auskleiden
Die Verrichtung Ankleiden ist das Ausziehen von Nachtwäsche und das Anziehen von Tagesbekleidung. Die Verrichtung Auskleiden ist das Ausziehen von Tagesbekleidung und das Anziehen von Nachtwäsche. Das An- und Auskleiden beinhaltet neben den notwendigen Handgriffen, z. B. Öffnen und Schließen von Verschlüssen, Auf- und Zuknöpfen, Aus- und Anziehen von Schuhen, die Auswahl der Kleidungsstücke (Jahreszeit, Witterung), deren Entnahme aus ihrem normalen Aufbewahrungsort wie Kommoden und Schränken.
-> Pflegestufen-Tipp: Hierzu zählt auch das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Kompressionsklasse 1., nicht aber Kompressionsstrümpfe der Klasse 2, diese zählen zu den krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen und gelten damit als Pflegeerschwernis.
Bei der Feststellung des Zeitaufwandes für das An- und Ablegen von Prothesen, Orthesen, Korsetts und Stützstrümpfen muss der Gutachter aufgrund einer eigenen Inaugenscheinnahme den Zeitaufwand individuell messen.
- Gehen
Das Gehen beschränkt sich nicht allein auf die körperliche Fähigkeit zur eigenständigen Fortbewegung. Vielmehr umfasst es auch die Fähigkeit zum Vernunft geleiteten zielgerichteten Gehen (z. B. bei desorientierten Personen).
Der Hilfebedarf beim Gehen kann auch aus einer sitzenden Position heraus beginnen oder in dieser enden.
Fortbewegung beinhaltet bei Rollstuhlfahrern auch die Benutzung des Rollstuhls.
-> Pflegestufen-Tipp: Das Gehen im Zusammenhang mit der hauswirtschaftlichen Versorgung muss als hauswirtschaftlicher Hilfebedarf gewertet werden.
Das Gehen sollte unter Berücksichtigung der in der Wohnung zurückzulegenden Wegstrecken und der Bewegungsfähigkeit des Pflegebedürftigen abgeschätzt werden.
Als Maß für die Gehstrecke bei der einzelnen Verrichtung ist eine einfache Gehstrecke von 8 Metern anzunehmen.
Jeder Weg sollte einzeln berücksichtigt werden (Hin- und Rückweg = 2 x Gehen).
- Stehen (Transfer)
Als Hilfebedarf wird ausschließlich der Transfer angesehen. Hierzu zählt z. B. das Umsetzen von einem Rollstuhl/Sessel auf einen Toilettenstuhl oder der Transfer in eine Badewanne oder Duschstuhl.
-> Pflegestufen-Tipp: Jeder Transfer muss einzeln berücksichtigt werden (Hin- und Rücktransfer = 2 x Transfer).
- Treppensteigen
Das Treppensteigen im Zusammenhang mit der hauswirtschaftlichen Versorgung gilt als hauswirtschaftlicher Hilfebedarf.
Das Treppensteigen beinhaltet das Überwinden von Stufen innerhalb der Wohnung.
Keine andere Verrichtung im Bereich der Grundpflege ist so abhängig vom individuellen Wohnbereich des Pflegebedürftigen wie das Treppensteigen.
-> Pflegestufen-Tipp: Es wird besonders geprüft, ob überhaupt die Notwendigkeit besteht, für die Verrichtungen des täglichen Lebens eine Treppe zu benutzen. Ist dies nicht erforderlich, wird diese Verrichtung beim Pflegeumfang nicht berücksichtigt!
Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
Als Pflegeumfang gelten nur solche Maßnahmen außerhalb der Wohnung, die unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen erfordern. Berücksichtigungsfähige Maßnahmen sind das Aufsuchen von Ärzten zu therapeutischen Zwecken oder die Inanspruchnahme vertragsärztlich verordneter Therapien, wie z. B. Dialysemaßnahmen, onkologische oder immunsuppressive Maßnahmen, Physikalische Therapien, Ergotherapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie.
-> Pflegestufen-Tipp: Ein Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wird nur dann berücksichtigt, wenn dieser regelmäßig (mindestens einmal pro Woche) und auf Dauer (voraussichtlich mindestens 6 Monate) anfällt. Es ist nicht erforderlich, dass jede Maßnahme für sich isoliert betrachtet einmal wöchentlich anfällt. Als Hilfebedarf ist somit zu berücksichtigen, wenn in der Gesamtbetrachtung einmal wöchentlich für voraussichtlich mindestens 6 Monate berücksichtigungsfähige Maßnahmen anfallen.
Nicht berücksichtigt werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
Weiterhin zählt dazu das Aufsuchen von Behörden oder anderen Stellen, die das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen sowie der Hilfebedarf beim Einkaufen.
-> Pflegestufen-Tipp: Bei den anzuerkennenden Maßnahmen ist das Gehen, Stehen und Treppensteigen außerhalb der Wohnung als Pflegeumfang zu berücksichtigen, sofern es den oben genannten Zielen dient. Dies umfasst auch die Unterstützung beim Ein- oder Aussteigen in den bzw. aus dem PKW.
Zusätzlich zu den Fahrzeiten können hier die zwangsläufig anfallenden Warte- und Begleitzeiten der Begleitperson geltend gemacht werden, wenn sie dadurch zeitlich und örtlich gebunden ist.
Notwendige Fahr- und Wartezeiten, die nicht täglich anfallen, müssen für die Bemessung des zeitlichen Gesamtpflegeaufwandes auf den Tag umgerechnet werden.
4. Prophylaxen (siehe: verwandter Artikel)
5. Förderung (siehe: verwandter Artikel)
Die Pflegeleistungen können von pflegenden Angehörigen selbst erbracht werden oder als Pflegesachleistung (auch als Kombinationsleistung) von einem ambulanten Pflegedienst.
Beachten Sie bitte:
Die Grundpflege (nach SGB XI) wird oft mit der häuslichen Krankenpflege (nach SGB V) verwechselt. Letztere bekommt man durch ärztliche Verordnung auch ohne Pflegestufe. Richtig ist, dass sich die Leistungen oft überschneiden und viele Pflegebedürftige beides, also Leistungen der Grundpflege und eine häusliche Krankenpflege erhalten (mehr dazu im Artikel Häusliche Krankenpflege).
Wichtig:
Der Umfang an Grundpflege wird in Minuten gemessen. Er entscheidet mit darüber, ob eine Pflegestufe erteilt wird und wenn ja, welche.
Für die Pflegestufe 1 muss ein Pflegebedarf von mehr als 46 Minuten Grundpflege täglich vorliegen, für die Pflegestufe 2 mehr als 120 Minuten und für die Pflegestufe 3 mehr als 240 Minuten.
Weitere Kriterien für eine Pflegeeinstufung sind:
- der Bedarf an hauswirtschaftlicher Unterstützung,
- die Anzahl der notwendigen Verrichtungen und
- wann der Hilfebedarf besteht (z.B. Tag und Nacht) und ob
- Pflegeerschwernisse vorliegen (z.B. zur Hilfe sind mehrere Personen notwendig).
Für weitere Informationen dazu lesen Sie bitte den verwandten Artikel Pflegestufen.