Harninkontinenz-Behandlung[zurück]
Die Behandlungsstrategie der Harninkontinenz richtet sich nach der Inkontinenzform. Optimalerweise greifen dabei alle Therapie- und Pflegemaßnahmen ineinander.
- Stressinkontinenz
- Leichte bis mittelschwere Fälle (Grad I bis II): Therapie zunächst konservativ, bei Übergewicht Gewichtsreduktion, Beckenbodengymnastik zur Sphinkterkräftigung. Bei Frauen mit Östrogenmangel in den Wechseljahren (Menopause) Östrogenzäpfchen (vaginal) oder Hormonpräparate (oral). Liegt eine Schließmuskelschwäche vor, ist eine medikamentöse Stimulation der glatten Muskulatur Standard (z.B. mit Etilifrin) oder eine vaginale Elektrostimulation. Das Beckenbodentraining kann bei Bedarf mit einer Medikamentengabe kombiniert werden.
- Schwere Fälle (Grad III): Operative Beseitigung der Ursache (z.B. einer Gebärmuttersenkung) und postoperatives Beckenbodentraining.
- Männer: Nach Harnröhrenschließmuskelverletzung (Sphinkter) infolge einer Prostata-Operation hilft oft das Unterspritzen mit Kollagen oder eine erneute Operation. In Außnahmefällen bietet sich die Implantation eines künstlichen Sphinkters an.
- Urgeinkontinenz
- Zunächst wird in leichten Fällen eine Änderung der Trinkgewohnheiten in Verbindung mit regelmäßig folgenden Toilettengängen empfohlen (30-45 Minuten nach Flüssigkeitsaufnahme).
- Beruhigung der Blase durch Medikamente, zum Beispiel durch krampflösende Schmerzmittel (Spasmoanalgetika -> z.B. Buscopan) oder Muskelrelaxantien (Mictonorm) usw..
- Letzte Option: operative Versorgung.
- Reflexinkontinenz
- Die Behandlung erfolgt in der Regel durch eine wiederkehrende (intermittierende) Einmalkatheterisierung, in Verbindung mit der Gabe krampflösender Arzneimittel.
- Überlaufinkontinenz
- Zunächst Beseitigung der Abflussbehinderung oder der Verengung des Blasenausganges bzw. der Harnröhre.
- Abhängig von der Ursache erfolgt eine medikämentöse Therapie:
- Verminderung des Widerstandes (Tonus) der Harnröhre -> Alphablocker
- Entspannung des Sphinkters
- Stimulation der für die Harnentleerung verantwortlichen Muskeln durch Medikamente oder elektrische Stimulation.
- Zusätzlich erfolgt eine intermittierende Einmalkatheterisierung (muss vom Patienten erlernt werden).
- Extraurethrale Inkontinenz
- Bestehende Fisteln müssen operativ verschlossen werden.
Harninkontinenzversorgung
Die physiotherapeutische Behandlung ist ein wichtiger Therapieansatz, weil sie eine Harninkontinenz oftmals soweit verbessern kann, dass medikamentöse oder operative Behandlungen nicht notwendig sind. Beckenbodentraining und Verhaltensregeln für den Alltag sind bei dieser Therapie vordergründig.
Beckenbodentraining: Hier werden Techniken zur Wahrnehmungsschulung und Durchblutungsförderung der Harnröhre vermittelt und Übungen erlernt, die die Kraft und Ausdauer des Verschlussapparates der Blase verbessern
Elektrostimulation:
Diese Methode wird in der Regel als unterstützende Maßnahme zum Beckenbodentraining angewandt. Über eine Sonde werden elektrische Impulse an den Verschlussapparat der Blase abgegeben, um diesen zu stärken.
Verhaltensregeln für den Alltag
Ebenso wichtig wie die Therapie der Beckenbodenmuskulatur ist ein kontinenzförderndes Verhalten im Alltag. Dazu gehört beispielsweise das Trinkverhalten der Betroffenen. Aus Angst vor Urinverlust trinken die meisten zu wenig. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag sind gerade auch für inkontinente Menschen wichtig, um den Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsapparat) durchzuspülen und die Blasenfüllung zu fördern.
Natürlich gehört auch der Toilettengang an sich zur Therapie. Die richtige Sitzposition und Atemübungen können bei der vollständigen Entleerung der Blase behilflich sein. Beim Toilettentraining wird versucht durch regelmäßige Entleerung der Blase, die Abstände zwischen den einzelnen Blasenentleerungen auf ein normales Maß zu reduzieren.