Dekubitus[zurück]
Das beste Mittel gegen einen Dekubitus ("Aufliegen") ist die Mobilisation. Ist diese nicht möglich, ist eine regelmäßige Umlagerung entscheidend.
Ursachen
Das Druckgeschwür entsteht, wenn an einer Stelle die Kapillarversorgung des Gewebes länger als 2 Stunden abgedrückt wird. Die Zeit bis zum Eintritt des Dekubitus kann allerdings -je nach individueller Gewebetoleranz- auch deutlich kürzer sein. Die entscheidende Rolle dabei spielen 3 Faktoren:
- Auflagedruck
- Druckdauer (Zeit) und Druckstärke (Intensität)
- Gewebetoleranz für Druck und Sauerstoff (Druckempfindlichkeit).
Als Folge davon kommt es durch den Sauerstoffmangel zu Gewebsschäden, später zu Nekrosen (Gewebstod).
- Begünstigt wird dies durch Druck von außen: z.B. Matratze, Bettlaken mit Falten, ungepolsterte Lagerungsschienen, Krümel im Bett, Katheter, Sonden o.ä.
- oder Druck von innen: Knochen, die ohne Muskel- und Fettpolster direkt unter der Haut liegen sowie
- durch Scherkräfte, die beim Sitzen oder Herabrutschen des Patienten im Bett entstehen. Hier streben das Skelett und die tieferen Muskelschichten entsprechend der Schwerkraft nach unten, während die Haut und die oberen Gewebeschichten in der ursprünglichen Postition verbleiben. Dies führt zur Dehnung oder zum Zerreißen der Blutgefäße im Hautgewebe, wodurch diese Schichten nicht mehr ausreichend durchblutet werden.
- ein Druckgeschwür kann auch durch schlecht sitzende Hilfsmittel (z.B. Prothese, Bruchband, Pessar o.ä.) entstehen.
Risikofaktoren
- Härte der Unterlage und Körperposition (z.B. Auflagedruck in 90°-Lagerung höher als in flacher Rückenlagerung).
- Immobilität, eingeschränkte Motorik (z.B. bei Lähmungen, Multipler Sklerose, Arthritis, Bewußtseinseinschränkungen o.ä.) bei denen der Patient seine Position nicht mehr allein oder nur noch eingeschränkt selbst ändern kann.
- Körpergewicht: Kachexie (Auszehrung) oder Adipositas (Übergewicht)
- Hautfeuchtigkeit (z.B. mangelhafte Inkontinenzversorgung führt zum Aufweichen (Mazerationen) der Haut, dies begünstigt die Entstehung von Scherkräften.
- Schmerzempfinden und Schmerzreaktion: Bei Patienten mit zum Beispiel Diabetes mellitus oder Querschnittslähmung ist das Schmerzempfinden beeinträchtigt, so dass diese ein entstehendes Druckgeschwür nicht bemerken.
- Weitere Risikofaktoren sind:
- Alter des Patienten
- Dehydratation (Elastizität der Haut vermindert sich durch den Wassermangel)
- Medikamente (z.B. Glukokortikoide hemmen die Regeneration der Kapillargefäße; Betablocker reduzieren die Hautdurchblutung)
- Eiweißmangel (Ödembildung, dadurch verminderte Sauerstoffversorgung)
- Vitamin C- Defizit (Kollagenaufbau möglicherweise gestört)
- Blutdruck (Dekubitusrisiko bei zu niedrigem Blutdruck erhöht)
- Fieber (Austrockung des Körpers und erhöhter Sauerstoffbedarf des Gewebes)
- Raumtemperatur (vermehrtes Schwitzen führt zu höherem Sauerstoffbedarf der Haut)
- Durchblutungsstörungen (z.B. Arteriosklerose)
- Stoffwechselstörungen
Folgende Körperstellen sind gefährdet
- Rückenlage: Kreuzbein und Fersen, Steißbein, Sitzbeinhöcker, Dornfortsätze, Schulterblatt, Ellenbogen sowie Kopf und Ohren
- Bauchlage: Kniescheiben, Schienenbein und Zehen, Rippenbögen, Schultergelenk, Stirn- und Beckenknochen
- Seitenlage: Äußerer Fußknöchel, Wadenbein, Kniegelenk innen und außen, vorderer Beckenkamm, seitliche Rippen, Jochbeinknochen und Ohren
- Sitzen: Sitzbeinhöcker.
Das Risiko für die Entstehung eines Dekubitus wird über Skalen abgeschätzt. Die am häufigsten verwendeten Risikoskalen sind:
Braden-Skala und Norton-Skala
- Braden-Skala - Für die Risikoeinschätzung werden folgende sechs Kriterien abgefragt:
- Sensorische Wahrnehmung
- Belastung der Haut durch Feuchtigkeit
- Aktivität
- Mobilität
- Ernährung
- Reibungs- und Scherkräfte
- Norton-Skala - Die originale Norton-Skala berücksichtigt folgende Faktoren:
- Körperlicher Zustand
- Geistiger Zustand
- Aktivität
- Beweglichkeit
- Inkontinenz
Die Dekubitusrisikoskalen sind nicht der alleinige Maßstab. Sie dienen lediglich als Anhaltspunkt.
Dekubitusstadien
- Stadium 1: Rötung
- Stadium 2: Blasenbildung
- Stadium 3: Nekrose
- Stadium 4: Druckgeschwür (Ulkus)
- Stadium 4a: oberflächlicher Defekt bis an die Muskulatur
- Stadium 4b: tiefer Defekt bis in die Muskulatur
- Stadium 4b: tiefer Defekt bis an Knochen- oder Gelenkstrukturen, unter Umständen mit Knochenbeteiligung
Stadieneinteilung von Dekubitus-Geschwüren (SHEA-Scale)
- I. Grades: Hautrötung ohne Defekte, die bei Druckentlastung wieder verschwindet
- II. Grades: Hautdefekt mit Abschürfung oder Blasen
- III. Grades: die Hautschädigung reicht bis in tiefere Schichten, das Ulkus ist aber noch auf die Dermis und das subkutane Fettgewebe begrenzt
- IV. Grades: ausgedehnte Nekrosenbildung bis zum Knochen, evtl. auch Knochenbeteiligung
Ratschläge zur Dekubitusprophylaxe:
- Bewegungsförderung durch aktive und passive Mobilisation
- Lagerungswechsel mindestens alle 2 Stunden (Umlageplan)
- Bewegungshilfsmittel
- ausgewogene Ernährung
- möglichst keine Seitenlagerung (hohe Druckbelastung!)
- Bettwäsche falten- und krümelfrei
- optimale Versorgung mit Lagerungshilfsmitteln (z.B. druckentlastende Matratze)
- Patienten mit Eigenbewegung nicht zu weich lagern
- Haut- und Hautfalten trocken halten
- Waschen soviel wie nötig, aber so wenig wie möglich
- Patient bei langem Sitzen stündlich kurz anheben (Druck im Sitzbereich beachten)
- Hautpflege und Hautreinigung nur mit pH-neutralen Waschzusätzen: bei trockener Haut mit Cremes und Lotionen auf Wasser-in-Öl und bei fettiger Haut auf Öl-in-Wasser-Basis pflegen